Jagd auf den Inselmörder – Buchvorstellung

 

Es ist ja Urlaubszeit. Viele Barnimer sind ja regelmäßig auf Usedom zu Gast. Was liegt also näher, als sich Usedom auch literarisch zu nähern?

Hier möchten wir das Buch Jagd auf den Inselmörder von  George Tenner, Jagd auf den Inselmörder, Schardt Verlag, Oldenburg, 2007, 320 S., Klappenbroschur vorstellen

Wir danken Thorsten Wirth für die wunderbare Zusammenarbeit und seine Rezension des Buches. Weitere werden folgen

 

Insel in Angst und Schrecken

 

2014-08-07-Jagd auf den InselmörderAusgerechnet Anklam hat er sich ausgesucht, der Hauptkommissar Lasse Larsson, um seine gescheiterte Beziehung und sein weiteres Leben zu überdenken und einen Neuanfang zu wagen. Auch das überraschend geerbte Grundstück auf Usedom hat natürlich zu diesem Schritt beigetragen.
Aber mit der schönen und ruhigen Urlaubsidylle ist es bald vorbei, als an der Heringsdorfer Seebrücke die Leiche eines Mannes angespült wird, der offenbar gefoltert und ermordet wurde. Das Opfer wird schnell als ein ehemaliger Major der Staatsicherheit identifiziert. Hat ein ehemaliger Häftling Rache geübt? Andererseits erinnern einige Umstände, insbesondere die dem Opfer fehlenden Ohren an eine vor zwei Jahren an gleicher Stelle angespülte Frauenleiche mit gleicher Verstümmelung. Der Fall war nie geklärt worden. Hat derselbe Täter wieder zugeschlagen? Und welche Rolle spielt ein unter schwarzen Segeln fahrendes Schiff, welches zur Tatzeit in den nahen Gewässern beobachtet wurde?
Lasse Larsson hat es nicht leicht. Neu auf der Insel, frisch getrennt und gleich ein solches Verbrechen. Da lernt er in einem Kaffee die schöne Schwedin Lillebil Malmström kennen, die für einige Tage auf Usedom weilt und einen Esoterik-Trip nach Swinemünde plant…

 

Larrson und seine Leute haben eher zu viele als zuwenig Anhaltspunkte, denen sie folgen müssen:
– die Ähnlichkeiten mit dem alten Fall,
– die Möglichkeit satanistischer Ritualmorde,
– das geerbte Haus Larssons, welches von einem Unbekannten durchwühlt wurde,
– der anonyme Anrufer, der den Toten als Stasimajor erkannt hatte…

 

Je mehr Lasse Larsson über den Fall in Erfahrung bringt, je tiefer taucht er auch ein in seine eigene Vergangenheit, denn sein Vater war einst mit dem Boot von Usedom aus in den Westen geflohen und hatte seine Mutter unwissentlich schwanger zurück gelassen. Und er beginnt zu begreifen, dass seine eigene Familiengeschichte bei der Auflösung dieses Falles eine größere Rolle spielen würde, als im lieb sein konnte.
Als der Mörder mit größter Brutalität den nächsten Mord an einer alten wehrlosen Frau begeht, erkennt Larsson, dass er dem Täter schon recht nahe gekommen ist, näher, als diesem lieb ist. Es beginnt ein Showdown, der über die Insel und den Peenestrom bis hinein ins Brandenburgische führt, wo der Mörder von einer Spezialeinheit der Polizei gestellt werden kann. Schade nur, dass die Auflösung an sich keine Überraschung mehr ist, weil der Autor dem Leser schon ab der Mitte des Buches die Person des Täters im Wesentlichen zumindest offen legt, wenn auch das eine oder andere Geheimnis noch zu lösen bleibt.

George Tenner mutet dem Leser einiges zu. Denn statt stringent einen Fall zu erzählen, rollt der in Bernau lebende Autor gleich mehrer Fälle auf, die teilweise eng, teilweise aber nur lose miteinander verzahnt sind. Das erhöht die Authentizität der Geschichte (denn das Leben und auch Kriminalermittlungen sind nun mal nicht stringent gestrickt), kann aber bei oberflächlichem Lesen zu Verwirrung führen. Es scheint beinahe, als traute der Autor dem Spannungsverlauf seiner Geschichte nicht ganz, weshalb er mehrere Handlungsstränge verknüpfte. Das führt schnell zu einer Überfrachtung der Story, wenn hier von Stasi, Fremdenlegion, Satanisten und Neonazis berichtet wird. Etwas weniger wäre sicher mehr gewesen.
Tenner mutet dem Leser aber auch inhaltlich viel zu, denn er hat viel zu sagen, viel zu bemängeln an dieser Welt und deren Zuständen. Er sagt dies direkter und unverblümter als manche andere Autoren, er zitiert seitenlang Berichte und Akten, weil er deutlich macht: das ist zwar ein Roman, aber die Grundinhalte sind real! Es hat solche Menschen und solche Verbrechen gegeben!

Das wird nicht Jedem gefallen, denn Mancher möchte mit der letzten Seite eines Krimis alles Gelesene hinter sich lassen. Dies wird dem Leser von George Tenner Roman Jagd auf den Inselmörder“ jedoch schwer fallen, so intensiv bleibt der Eindruck des Gelesenen haften!

Alles in allem ist der Roman sicher eher ein Politthriller denn ein Kriminalroman im klassischen Sinn. Beinahe thrilleruntypisch, in jedem Fall aber eine der Stärken des Buches sind jedoch die genauen Beschreibungen der Insel Usedom und des Peenestromes mit all den Eigenheiten der Menschen und der Landschaften sowie die Beschreibungen des seelischen Innenlebens der Helden und Schurken in Tenners Inselthriller. Dies hebt ihn von der Masse der Thrillerschreiber wohltuend ab!

Infos zu Georg Tenner

Der Sohn des Kunstmalers Helmut Schmidt-Kirstein wuchs in einem Künstlerhaushalt in Dresden und nach der Trennung der Eltern in Berlin und Ahrenshoop an der Ostsee auf. Nach einer handwerklichen Ausbildung und der Meisterprüfung führte er ab 1961 einen eigenen Betrieb bis zu seiner Flucht aus der DDR im Oktober 1966 in Berlin und Ahrenshoop.

Tenner war mit Johannes Tralow befreundet, der ihm empfahl zu schreiben. Auch der jüdische Schriftsteller Bruno Frei aus Wien gehörte zum Bekanntenkreis Tenners und seiner Familie.

1964 wurde Tenner wegen des Versuches, aus der DDR zu fliehen durch die Staatssicherheit verhaftet. Er verbüßte im Untersuchungsgefängnis in Frankfurt/Oder und der Strafvollzugsanstalt Rüdersdorf eine über einjährige Haftstrafe. Nach der Entlassung bereitete er erneut seine Flucht vor. Im Oktober 1966 floh er gemeinsam mit seiner zweiten Frau Ulla-Ingelore und einem während der Haft kennengelernten Freund in einem Schlauchboot von Ahrenshoop zum Feuerschiff Gedser.

Von Westberlin aus recherchierte er über verschiedene Geheimdienste in Ost und West und veröffentlichte 1982 seinen ersten Roman über den Geheimdienst der DDR in Verbindung mit dem Sechstagekrieg in Israel. (Der Wüstenwolf, Thriller, Herbig, 1982).

Wegen nachgewiesener Verfolgung durch die Staatssicherheit der DDR und einer befürchteten Entführung oder eines Anschlages auf sein Leben, verließ Tenner Westberlin und siedelte nach Öhningen am Bodensee über.

Er arbeitete als freier Journalist und Redakteur für Zeitungsverlage in Deutschland und der Schweiz. Von 1984 bis 1990 betrieb er in Öhningen zusammen mit seiner Frau die Presse- und PR-Agentur -utwapress-. 1990 zog Tenner nach Bernau bei Berlin um.

George Tenner ist Mitglied im Deutschen Journalistenverband und der Autorengruppe Syndikat. Seit 2002 arbeitet er als freischaffender Schriftsteller und lebt in Bernau bei Berlin sowie zeitweise auf Usedom.